Das Überbündische Treffen 2017, das Projekt, an dem wir so lange gearbeitet haben, ist mittlerweile schon seit einem halben Jahr vorbei und endlich findet sich die Zeit, ein paar Impressionen niederzuschreiben.
Man kann nur sagen, dass es ein voller Erfolg gewesen ist. Wir hatten wunderschöne Tage auf der Schwäbischen Alb, an denen wir viel erlebt haben. Es waren mehr als 2000 Menschen aus ganz Deutschland anwesend und es fühlte sich so an, als ob man all diese Menschen schon lange kennen würden, weil einfach zum größten Teil Gleichgesinnte beeinander waren. Und trotzdem war das Lager bunt, nicht nur durch die vielen Menschen, sondern auch durch das Programm, was sie gestalteten. Man konnte Wildkräuter sammeln, an Teeverkostungen teilnehmen, schmieden, neue Lieder lernen, Bier brauen, meditieren, Fotos von Reisen in die ganze Welt bestaunen und und und.
Nach einem vollen Tag kam man abends in den Großzelten zusammen und sang gemeinsam Lieder, die größtenteils von Fernweh und dem bunten Leben erzählen. Oder man tanzte auf Konzerten, ließ sich von Theatervorführungen erheitern oder gar bei einem Galadinner bekochen. Ich kann gar nicht beschreiben, welche tolle Atmosphäre auf unserem Lager herrschte, weshalb ich nur darauf verweisen kann, dass ihr euch am besten selbst ein Bild macht, indem ihr die Bildergalerien und / oder das Video auf der Homepage anschaut.
Darüber hinaus gibt es hier aber noch einen sehr persönlichen Erfahrungsbericht von mir:
Die beendet meine Stunde. Ich schnappe mir die Jacke und hetze zur Markthalle, um meinen Ochsenschwanz für das morgige Crowdfunding-Dinner abzuholen. Ich habe eigentlich gar nicht so wirklich Lust auf das ÜT, zumal meine Fleischbestellung dann auch noch nicht geliefert wurde und die gekauften Fische nicht grätenfrei sind. Ich hatte mir das alles einfacher vorgestellt. Auf den vielen Vorbereitungstreffen war es immer lustig und alles schien gut geplant, doch es kommt eben immer alles anders als geplant. Die letzten Wochen und vor allem Tage waren der reinste Stress. Eigentlich wollte ich mich nur im Vorfeld um die Beschaffung der Lebensmittel für den ÜT-Markt kümmern, die eigentliche Abwicklung wollten jedoch andere übernehmen. Jetzt sind die zwei Nasen für das Backoffice abgesprungen und ich bearbeite nach meinem vollen Arbeitstag noch Excellisten, führe Krisentelefonate mit Karo und versuche, alles bei den Erzeugern zu ermöglichen, die sich leider auch nicht an Absprachen halten. Ich bin einfach runter mit den Nerven, obwohl mir das letzte Wochenende doch wieder Lust gemacht hat. Da war ich auf dem Hof und habe gesehen, dass dort eine tolle Stimmung herrscht. Daheim habe ich das aber wieder vergessen. Gestern habe ich mit meiner Freundin bis spät in die Nacht einige Komponenten für das Dinner vorbereitet. Wenn ich gleich heimkommen sollte, würden die nächsten Komponenten vorbereitet werden, sodass auf dem ÜT so wenig als möglich gemacht werden muss. Einige Stunden später lade ich den Polo bis oben hin voll. Meine Freundin quetscht sich noch ins Auto und wir fahren los.
Immer noch habe ich wenig Lust, weil ich einfach nur überarbeitet bin. Doch einige Stunden später sollte sich das ins Gegenteil verkehren. Wir werden zunächst komisch angeschaut, als wir einmal quer über den Lagerplatz fahren, um unsere wertvolle Fracht auszuladen. Auch in der Hofküche fühle ich mich erstmal nicht willkommen, obwohl mir doch eigentlich zugesichert wurde, dass diese frei sei und die Lagermannschaft aus einer Lagerküche verpflegt werde. Ich bin von mir selbst überrascht, dass ich trotzdem die Contenance wahre. Unser Hof tut wie immer seinen Zauber, er beruhigt, man ist weg von allem. Außerdem gibt es auch Positives. Wir bekommen ohne Probleme einen Schlafplatz zugewiesen und können uns beruhigt ins bunte Treiben stürzen. Darin verlieren wir uns, bis mein Freund Marius eintrifft, der zugesagt hat, sich um die Getränke zu kümmern. Ihm kann ich nun diese fremde Welt zeigen und selbst meine Freundin , die sonst etwas skeptisch gegenüber bündischen Aktivitäten ist, wird von der Atmosphäre mitgerissen, die wir bis spät in die Nacht, teilweise mit den Kameraden in der Jurte und teilweise in den zahlreichen Pinten, genießen.
Am nächsten Morgen bereiten wir ein paar Dinge für das abendliche Dinner vor, stürzen uns jedoch vor allem ins Lagerleben. Wir erklimmen den Lagerturm und nehmen an der Kräuterwanderung teil, bei der einige Teilnehmer uns ihre gesammelten Kräuter für die Kräuterbutter zur Verfügung stellen, die es abends zum Brotgang gibt. Gegen Nachmittag beginnen wir mit dem Kochen und Dekorieren. Die Zeit vergeht dabei wie im Nu, denn wir arbeiten Hand in Hand und ich habe mich mittlerweile entspannt, konnte meinen Alltagsstress total vergessen. Pünktlich sind unsere Vorbereitungen abgeschlossen und gleich darauf stürmen auch schon 12 graue Reiter und wenige Neigschmeckte die Stube. Der schwäbische Gruß aus der Küche – Linsen mit Kürbisspätzle und Spinat-Käse-Spätzle – wird sofort mit dem Aperitif serviert, die Vorspeise – eine selbstgebeizte heimische Forelle mit Wurzelgemüsetatar und Rote-Bete-Saft – folgt sogleich. Auch Hauptgang – ein dekonstruierter Rostbraten – und Dessert – Rote-Bete-Schokokuchen mit Vanillesauce sowie einer Birnenvariation – werden rasch geschickt, obwohl der Herd zwischendurch merklich an die Grenzen seiner Belastbarkeit kommt, doch der Hof lässt uns wiederum nicht im Stich. Selbst wenn er das getan hätte, wären die grauen Reiter, die für ihre Trinkfestigkeit bekannt sind, zufrieden gewesen, denn sie machten ihrem Ruf alle Ehre und hatten am Ende des Abends nicht nur Essen vernichtet. So angeheitert übernahmen sie sogar einen Teil des Abwasches, sodass auch wir noch die letzten Tropfen der Alkoholvorräte ausschlürfen können, bevor wir uns in die Pinten begeben, jedoch bald müde ins Bett fallen müssen.
Die restlichen Tage kann ich nach getaner Arbeit vollends genießen. Ich nehme an einer Teeverkostung teil, gehe zum Gottesdienst und lasse mich einfach durch das Lager treiben, ohne noch allzu viel vom Programm mitzunehmen. Stattdessen halte ich mich viel in der Hortejurte auf und lasse mich von den Kameraden bekochen oder schleiche mich in den Saloon, um den anderen beim Arbeiten zuzuschauen. Umso näher die Abreise kam, umso mehr musste ich auch wieder an meinen Alltag denken. Wie gern wäre ich noch ein bisschen beim Abbau dabei, doch im Referendariat ist das nicht möglich, sodass ich bereits am Abreisetag mit unserem Bundesführer abdüsen muss, um abends schon wieder Unterricht vorzubereiten. Das geht jedoch dann überraschend schnell, denn ich bin zwar körperlich hundemüde, geistig hat diese Auszeit vom Alltag mich jedoch wieder erfrischt. Schee ischs gsie!“
Autor: quak